Tag Archives: Urteil

25Apr./11

Nachbarn können Studentenwohnheim nicht verhindern

Mannheim/Berlin (DAV). Grundsätzlich darf ein Studentenwohnheim in einem Wohngebiet gebaut werden. Die Nachbarn können sich nicht gegen die Baugenehmigung wehren, wenn sich das Wohnheim in das bereits durch „studentisches Wohnen“ geprägte Bebauungsumfeld einfügt. Dies entschied der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg am 9. Juli 2010 (AZ: 3 S 1138/10 und 3 S 1139/10), wie die Miet- und Immobilienrechtsanwälte des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilen.

Benachbarte Wohnungseigentümer wandten sich gegen eine Baugenehmigung für den geplanten Neubau eines Studentenwohnheims. Sie begründeten ihre Anliegen vor allem mit dem zu erwartenden Verkehrsaufkommen, der zu geringen Zahl vorgesehener Parkplätze sowie mit der zu erwartenden Lärmbelästigung.

Das Gericht entschied jedoch, dass die Baugenehmigung nicht gegen geltendes Recht verstoße. Die typische Prägung des Baugebiets bleibe gewahrt. Es zeichne sich auch jetzt schon durch „studentisches Wohnen“ aus. Es mache auch keinen erheblichen Unterschied, ob Studierende in Wohnungen und Einzelzimmern oder in Wohnheimen lebten. Damit hätten die Nachbarn die mit der Nutzung des Wohnheims üblicherweise verbundenen Beeinträchtigungen durch An- und Abfahrtsverkehr sowie Besucherparkverkehr ebenso hinzunehmen wie andere mit der Wohnnutzung allgemein verbundene „typische Lebensäußerungen“ der Bewohner. Üblicherweise gehe von einem Wohnheim keine für die Nachbarn unzumutbare Lärmbelästigung aus. Die zusätzlich vorgesehenen 13 Parkplätze seien auch ausreichend. Bei der Bewertung müsse berücksichtigt werden, dass in 300 Metern Entfernung mehr als drei Bus- bzw. Bahnlinien werktags in einem Takt von maximal zehn Minuten verkehrten. Daher sei nicht zu erwarten, dass das Wohnheim ein erhöhtes Verkehrsaufkommen bewirke, das unzumutbar sei.

Informationen: www.mietrecht.net

19Apr./11

O-Ton: Einsatzfahrzeuge müssen sich in Kreuzungen „hineintasten“

 Einsatzfahrzeuge, die mit Blaulicht und Martinshorn fahren, müssen sich in Kreuzungen „hineintasten“, entschied das das Oberlandesgericht Brandenburg. In dem Fall waren Einsatzfahrzeug und ein Pkw auf der Kreuzung zusammengestoßen.

Bettina Bachmann, Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins:

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O-Ton: Es gab ein salomonisches Urteil. 50 Prozent muss das Einsatzfahrzeug an Haftung und Verschulden auf sich nehmen, 50 Prozent die Autofahrerin. Und da ist es wichtig, dass Einsatzfahrzeuge mit Blaulicht bevorrechtigt sind, aber auch diese müssen sich – wenn sie bei Rotlicht eine Ampel überfahren – „hineintasten“. Sie können nicht mit 30 Stundenkilometern in die Kreuzung rauschen und dann nicht mehr abbremsen können. – Länge 22 sec.

Mehr Informationen unter www.verkehrsrecht.de.

19Apr./11

O-Ton + Magazin: Fußgänger haftet bei Unfall mit

 Normalerweise bekommen Fußgänger bei Unfällen oft den kompletten Schaden ersetzt. Das Oberlandesgericht Saarbrücken entschied nun aber anders. Zwar ist es richtig, dass von einem Motorradfahrer die höhere Betriebsgefahr ausgeht – wie es die Juristen nennen. Wenn der Fußgänger gegen seine Sorgfaltspflicht verstößt, dann muss auch er mit haften.

Bettina Bachmann von den Verkehrsrechtsanwälten des Deutschen Anwaltvereins über den Fall:

[podcast]http://www.vorabs.de/sounds/696.mp3[/podcast]

O-Ton: Ein Fußgänger überquert die Fahrbahn, es kommt zum Zusammenstoß mit einem Motorradfahrer, der 15 Stundenkilometer zu schnell fährt. Er versucht sein Motorrad noch zu bremsen, aber er wird dennoch verletzt. – Länge 13 sec

Weitere Informationen dazu unter verkehrsrecht.de.

Magazin: Radfahrer und Fußgänger tragen Mitschuld

Normalerweise bekommen Fußgänger und auch Radfahrer bei Unfällen mit Autos oft den kompletten Schaden ersetzt. Die juristische Begründung: Bei beiden ist die Betriebsgefahr geringer. Doch nun gibt es zwei bemerkenswerte Urteile von zwei unterschiedlichen Oberlandesgerichten – danach ist der Schadenersatz nicht mehr so eindeutig.

[podcast]http://www.vorabs.de/sounds/697.mp3[/podcast]

Beitrag:

In Fall 1, den das Oberlandesgericht Köln zu entscheiden hatte, ging es um eine Radfahrerin.

O-Ton: SFX

Sie hatte eine Vorfahrtstraße überquert und war mit einem Auto kollidiert. Danach verklagte sie die Autofahrerin durch mehrere Instanzen auf Schadenersatz. Bettina Bachmann, Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins:

O-Ton: Aber ihre Klage wurde dann in letzter Instanz vom Oberlandesgericht Köln abgewiesen, weil sie eine Vorfahrtsstraße überquert hatte. Und sie sich dort natürlich besonders vergewissern muss, dass kein Auto kommt und es nicht zu einem Zusammenstoß kommt. Den muss sie vermeiden. – Länge 15 sec.

Ein anderer Fall – diesmal vom Oberlandesgericht Saarbrücken.

O-Ton: Ein Fußgänger überquert die Fahrbahn, es kommt zum Zusammenstoß mit einem Motorradfahrer, der 15 Stundenkilometer zu schnell fährt. Er versucht sein Motorrad noch zu bremsen, aber er wird dennoch verletzt. – Länge 13 sec

Normalerweise bekommen Fußgänger nach einem solchen Zusammenstoß oft den kompletten Schaden ersetzt. Aber – so das Oberlandesgericht Saarbrücken – wenn der Fußgänger gegen seine Sorgfaltspflicht verstößt, dann muss auch er mit haften.
Bettina Bachmann:

O-Ton: Die Sorgfaltspflicht trifft alle. Den Fußgänger, der die Straße überquert, der muss sich in der Straßenmitte vergewissern: Kommt wirklich niemand, hat sich die Verkehrssituation geändert, seitdem ich von der anderen Straßenseite los gegangen bin. Und auch der Fahrradfahrer: Wenn der über eine Vorfahrtsstraße fahren will, hat er viel mehr Sorgfalt an den Tag zu legen als derjenige, der auf der vorfahrtsberechtigten Straße fährt. – Länge 20 sec.

Weitere Informationen dazu unter verkehrsrecht.de.

Absage.

07Apr./11

Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs

Neustadt an der Weinstraße/Berlin (DAV). Auch eine Mutter, die ihre Kinder zweisprachig erziehen möchte, kann sich nicht gegen die Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs wehren. Damit die beiden Kinder gut integriert in Deutschland aufwachsen können, ist die Mutter besonders integrationsbedürftig und muss daher an dem Deutschkurs teilnehmen, entschied das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße am 9. Dezember 2010 (AZ: 2 K 870/10.NW), wie die Deutsche Anwaltauskunft mitteilt.

Die aus dem Kosovo stammende Klägerin lebt seit vier Jahren im Rhein-Pfalz-Kreis und ist mit einem deutschen Staatsangehörigen verheiratet. Sie ist Mutter von zwei Kleinkindern, die beide die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Der Landkreis Rheinland-Pfalz verpflichtete die Klägerin zur Teilnahme an einem Integrationskurs nach Ablauf des Mutterschutzes. Als Mutter zweier deutscher Kinder besitze sie noch immer keine einfachen Deutschkenntnisse und sei auf die Unterstützung ihres Ehemannes angewiesen.

Die Klägerin hat dagegen mit der Begründung Klage erhoben, dass die Kinder zweisprachig erzogen würden. Sie bringe ihnen die Muttersprache Albanisch bei, die deutsche Sprache lernten sie durch ihren Vater.

Das Gericht wies die Klage ab: Die Klägerin sei besonders integrationsbedürftig. Denn sie sei die Hauptbezugsperson für die Kinder und trage Verantwortung für deren Erziehung und künftige Schulausbildung. Ihr bleibe es unbenommen, ihren Kindern weiterhin die Muttersprache beizubringen. Die Teilnahme an einem Kurs sei ihr auch nicht wegen der Kinderbetreuung unzumutbar. Denn es sei von hoher Bedeutung, Sprachbarrieren zu vermeiden und abzubauen.

Informationen: www.anwaltauskunft.de

07Apr./11

Auskunftsrecht auch bei „vergessenen“ Sparbüchern

Frankfurt a. M./ Berlin (DAV). Banken müssen Auskunft auch über das Guthaben von „vergessenen“ Sparbüchern erteilen. Das entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main am 16. Februar 2011 (AZ: 19 U 180/10) und gab einem Kläger Recht, der erst durch den Tod seines Vaters in den Besitz des Sparbuches gekommen war, wie die Deutsche Anwaltauskunft mitteilt.

Der Kläger hatte erst als Erbe von einem 1959 eingerichteten Sparbuch erfahren und daraufhin von der Bank Auskunft und Auszahlung des auf dem Sparbuch vorhandenen Betrags verlangt. Die Bank verweigerte die Auszahlung und bestritt die Echtheit des Sparbuchs und der darin enthaltenen Unterschrift eines Bankmitarbeiters sowie dessen Zeichnungsberechtigung.

Bereits das Landgericht Frankfurt a. M. hatte nach der Anhörung eines Sachverständigen über die Echtheit des Sparbuchs dem Auskunftsverlangen des Klägers stattgegeben. Daraufhin wies auch das OLG die Berufung ab mit der Begründung, dass die Echtheit des Sparbuchs nicht mehr in Zweifel gezogen werden könne. Der Sachverständige habe logisch dargestellt, dass das Sparbuch keine Anhaltspunkte für eine Reproduktion aufweise und die verwendete Tinte und Kugelschreiberpaste zu diesem Zeitpunkt bereits auf dem Markt waren. Außerdem käme einem Sparbuch eine erhebliche Beweisfunktion zu, die nur unter extremen Bedingungen erschüttert werden könne. Die Echtheit der Unterschrift eines Bankmitarbeiters läge in der Verantwortung der Bank. Sie müsse die Geschäftunterlagen notfalls über die handelsrechtliche Aufbewahrungsfrist hinweg aufbewahren, so dass die Echtheit überprüft werden könne.

Informationen: www.anwaltauskunft.de